Sonntag, 13. Mai 2012

Yellowstone: Feuer, Wasser und wilde Tiere


Als wir Cody mit vollem Vorratsschrank verließen waren wir sehr gespannt was uns in den kommenden Tagen erwarten sollte. Der Highway 20 führte uns über eine gewundene Straße Hinauf bis auf über 2000m wo wir den National Park über den nun offenen östlichen Eingang betraten. Der Park erstreckt sich über eine Fläche von ca. 100 x 130 km. Der südöstliche, höher gelegene Teil wird durch den gleichnamigen Yellowstone Lake dominiert, wohingegen der tiefer gelegene Norden von weiten, hügligen Grasebenen bedeckt ist. Der westliche Teil des Parks ist stark bewaldet, wobei ein verheerendes Feuer 1988 36% des Waldbestandes nahe zu vernichtet hatte. Heute weiß man und es wird im Park sehr deutlich erklärt, dass Waldbrände zum Kreislauf des Waldes gehören. Die Zerstörungen des Feuers von 1988 sind nur deshalb so enorm gewesen, da man in den zurück liegenden Jahren, jeglichen Waldbrand frühzeitig
eindämmte und dadurch eine zu hohe Konzentration von totem Waldbestand und Unterholz in den Wäldern hat aufkommen lassen. Normalerweise beseitigen bodennahe Feuer tote Äste und Nadeln und die Asche düngt den Boden. Zum Teil werden die Feuer auch größer und erreichen die Stämme wo sie dann Schädlinge in den Bäumen abtöten. Die Feuer von 1988 wurden durch starke Winde zu Kronenbränden angefacht, die den gesamten Baum angriffen und weite Teile der Waldflächen völlig niederbrannten. Die Feuer wüteten über zwei Wochen und konnten sogar aus dem Weltraum identifiziert werden. Noch heute sieht man kahle Stellen und kann das Ausmaß der Brände deutlich erkennen. Zur Wiederaufforstung hat man den Wald sich selbst überlassen. Und auch hierbei hat die Natur etwas tolles erfunden. Die dortigen Nadelbäume entwickeln zwei Arten von Zapfen. Die eine Sorte wächst und springt nach der Reifung auf und gibt die Samen frei. Die andere Sorte ist so fest ummantelt, dass nur Feuer ihre Hülle zum „schmelzen“ bringt und erst dann die Samen frei werden. Diese Tatsache ließ langsam neue kleine Tannen entstehen, die wiederum viele Samen frei gaben und heute sieht man zwischen den toten Bäumen ein grünes Meer von dicht an dicht wachsenden 2-5m hohen Bäumchen die sich ums Sonnenlicht streiten.

Wir durchfuhren den Park am ersten Tag von Ost nach West und verließen ihn wieder über den Nordeingang. Dort suchten wir uns einen Schlafplatz und erkundeten in den nächsten Tagen von hier aus den nordwestlichen Teil des Parks mit seinen Bison-und Elchherden. Auf einer unserer Wanderungen kamen wir an einem Seitental des Yellowstone Rivers an einem Bisonbullen vorbei, der genüsslich in der Ebene graste. Wir umgingen ihn mit gebührendem Abstand, denn diese Tiere sind zwar friedlich, jedoch lässt ihr enormer Kopf und der muskulöse Nacken sie sehr kraftvoll erscheinen. Wir setzten unsere Wanderung fort und kamen nach weiteren 3km an einer Bisonherde vorbei, die auf dem Hügel gegenüber graste. Im Mai werden auch die Kälber geboren und wir erkannten das sich fünf (einige Tage, bis eine Woche alte) 
Kälber unter Herde befanden. Also erst mal hinsetzen Kamera auspacken, schauen und ein paar Fotos machen. Nach etwa 10 Minuten hörten wir hinter uns ein deutliches unüberhörbares Schnaufen. Der Blick nach Hinten ließ uns keine 10 Meter von uns entfernt in die Augen des Bullen blicken, den wir vor wenigen Minuten unten am Fluss passiert hatten. Panik keimte kurz auf und wir packten schleunigst unsere Sachen und verließen ruhig und langsam unseren Aussichtspunkt. Jedoch waren wir nicht so ruhig, dass wir die Herde aufscheuchten und sie geschlossen bis auf einige Nachzügler das Weite suchten. Unter den Nachzüglern war auch eine Bisonkuh, die wir bis jetzt noch nicht entdeckt hatten, mit ihrem vielleicht zwei Tage alten Kalb. Jetzt wurde uns auch klar, dass die Nachhut der Herde, in Gestalt des Bullen, uns erreicht hatte um nach dem Rechten zu sehen. Denn die jungen Kälber sind die Beute für Wölfe, Coyoten und Bären die auf sie Jagd machen. Es war toll für uns überall diese großen friedlichen Tiere grasen zu sehen. Wenn sie die Straßen querten war es immer ein Highlight. Der Bulle oder die Kuh betrat die Fahrbahn, schaute sich um, sah die Autos, die hielten, blieb stehen, verweilte 30 Sekunden und nahm dann ganz gemütlich seinen Weg wieder auf.
Am Ende des zweiten Tages hatten wir dann bei Anbruch der Dämmerung Glück und konnten unseren ersten wilden, leibhaftigen Bären sehen. Ein Schwarzbär graste unweit des Straßenrandes zwischen umgefallen Baumstämmen.
Den dritten Tag verbrachten wir zur Hälfte wieder im nordwestlichen Teil und fuhren zum Abend hin etwas in den Süden. Auf dem Rückweg kurz hinter einer Kurve, ein Auto kam uns schon mit Warnblinkern entgegen, tapste ein ausgewachsener Grizzlybär auf der linken Fahrbahnseite. Wir waren so baff, dass bevor wir überhaupt begriffen was geschah und wir die Kamera bereit hatten er schon wieder im Dickicht verschwunden war. Angesteckt vom Bärenfieber drehten wir noch einmal um, um an einer Lichtung etwas zu warten ob wir nicht doch noch einmal einen Bären sehen werden. Nach 30 Minuten ergaben wir uns der Ungeduld und führen Richtung Schlafplatz. Auf dem Rückweg nach einer Kuppe stand er wieder vor uns, der Grizzly. Er ab in die Böschung, wir langsam auf die andere Seite und Kamera raus. 15 Fotos, alle verwackelt, oh man zweiter Bär und wieder keine Fotos...Aber das Glück war uns hold. Am Morgen des dritten Tages konnten wir im beginnenden Schnellfall mit anderen Besuchern bewacht von den Parkranger von der Straße aus einem Grizzlybären bei der Jagd auf kleine Erdhörnchen bestaunen. Es war faszinierend wie schnell dieses Muskelpaket mit seinen Tatzen die Erde beiseite schaufelte und ein Loch grub. Hier sind dann auch endlich die Fotos was geworden...

Der vierte Tag stand ganz im Zeichen der heißen Quellen, Schlammvulkane und Geysire. Dazu folgten wir der westlichen Straße Richtung Süden und kamen an vielen dampfenden und zum Teil arg stinkenden thermischen Quellen vorbei. Den Höhepunkt des Tages beschlossen wir mit einer Vorstellung des Old Faithful Geysir und einem Besuch des tollen Besucherzentrums im Süden des Parks. Der Geysir versprüht bei seinem Ausbruch einige Meter hoch bis 30000 Liter Wasser und Dampf. Der Grund der vulkanischen Aktivität dieser Region liegt am vorhanden sein eines gewaltigen Hotspots (Magmablase) einige Kilometer unterhalb der Erdoberfläche. 3D Modelle dieses gigantischen Schmelzofens findet ihr hier. Mich hat dieses Vorhandensein einer Magmablase in dieser Größenordnung stark beeindruckt. Auf dem letzten Stück zum Geysir konnten wir dann auch noch kurz einen Coyoten am Wegesrand bestaunen. Nach drei ein-halb herrlichen Tagen im Park mit tollen Tieren und viel Natur kommt der Yellowstone ganz weit oben auf unsere Rangliste der schönsten Orte dieser Reise.
Eines sei noch erwähnt. Jährlich besuchen über 3,5 Millionen Besucher den Park. In den Sommermonaten muss der Verkehr und das Menschenaufkommen so gewaltig sein, dass wir uns nicht vorstellen konnten wie man den Park dann noch genießen kann. Unser Tipp entweder Anfang Mai oder spät im Herbst in den Park.
Bis dann Claus