Sonntag, 18. September 2011

Die Wiege des Goldes: Choquequirao

Seit über zwei Wochen sind wir nun mit unserem "Reiseplan" unterwegs. Um ehrlich zu sein haben wir uns etwa die ersten 3-4 Tage an ihn gehalten, dann trafen wir zwei Jungs, mit denen wir tiefer als geplant in den Canyon Cotahuasi hineinfuhren und uns über unbekannte Trampelpfade zur Teerstraße in Richtung Cusco durchschlugen. Wir verbrachten gemeinsam ein paar Tage in Abancay und trennten uns dann an der Abzweigung nach Cachora, von wo aus Claus und ich nach Choquequirao wandern wollten. Mit Guido (http://www.rideon-motorradabenteuer.blogspot.com)und Claus (nein, das ist kein Tippfehler, der heißt auch so) verabredeten wir uns sechs Tage später in Cusco.
Das Auto stellten wir in Cachora unter und am Samstag morgen um 6:30 Uhr wanderten wir los, nach Choquequirao. Zunächst wunderten wir uns darüber, dass so viele Leute für den Track mit Führern gehen und Pferde mieten, denn der Weg war leicht sichtbar und schien gar nicht mal soooo anstrengend. Aber gegen Mittag ging es los: Die Sonne brannte erbarmungslos auf uns runter und wir stiegen auf etwa 10 km 1500 Höhenmeter ab, jeder mit etwa 15Kg Gepäck auf dem Rücken, das ging in die Waden, mein lieber Scholli! Um 15 Uhr war für uns Feierabend, wir konnten beide keinen Meter mehr laufen. Claus schlief ein wo er gerade stand, der Ärmste!
Nächster Morgen, 4:00 aufstehen, um 4:45 sind wir wieder los, denn es erwartete uns ein Aufstieg von 1500 Metern in 5 km, den wir dann in 5 Stunden bewältigten. Nach weiteren 4km sind wir auf dem Campingplatz angekommen, fielen einfach auf den Boden und schliefen erst mal eine Stunde zwischen unseren Rucksäcken. Witzigerweise hatten wir noch Muskelkater vom Abstieg am Vortag, dazu kamen die Schmerzen vom Aufstieg und so konnten wir beide einfach nicht mehr laufen, weil uns ALLE Muskeln an den Beinen, bis zum Hintern wehgetan haben. Wir liefen herum wie auf Stelzen. Zum Glück hatten wir mit den Parkaufsehern ausgemacht, dass wir den ganzen folgenden Tag auf Choquequirao bleiben durften, so konnten wir noch entspannen, während die anderen noch etwa eine halbe Stunde bergauf mussten um sich die Stätte anzuschauen.
Und wieder war es 5:00 Uhr morgens, als wir am darauf folgenden morgen aufwachten. Wir wollten eigentlich den Sonnenaufgang sehen, aber es war zu bewölkt, trotzdem war an Schlaf nicht mehr zu denken: wir wollten endlich Choquequirao sehen. Noch immer wie auf Stelzen laufend, unter Schmerzen erklommen wir zunächst das administrative Zentrum, dann den Hauptplatz. Die Gebäude versteckten sich alle im dicken Nebel und ließen uns ihre Ausmaße nur erahnen. Es war schön und spannend in dieser geheimnisvollen Atmosphäre durch die Stätte zu laufen. Trotzdem waren wir froh, als gegen 11 Uhr der Nebel immer lichter wurde und wir auch die berauschende Natur bewundern konnten und die ganze Pracht der Anlage vor uns sichtbar wurde.
Choquequirao wird als die Schwesternstadt von Machu Picchu bezeichnet: sie liegt höher als Machu Picchu und ist bei weitem, nicht einmal annähernd so oft besucht wie ihr gequälter Bruder. Ihr Name kommt aus dem Quechua und bedeutet "Wiege des Goldes". Es scheint als wäre der gesamte Berg mit Terrassen versehen worden, was man nur erahnen kann, denn Choquequirao ist nur zu etwa 40% ausgegraben. Auf einer Seite sind die Terrassen, auf denen vermutlich Mais und Koka angebaut wurde, mit großen Lama-Figuren geschmückt. Über dem Hauptplatz ragt ein Berggipfel, der keiner mehr ist, denn er wurde von den Inka abgetragen, um einen zeremoniellen Platz zu schaffen. Heute tummeln sich dort Schmetterlinge. Die Gebäude sind alle ähnlich wie in Machu Picchu erbaut und es wird vermutet, dass es im Auftrag vom gleichen Herrscher erbaut wurde.
Ich will nicht langweilen, aber wir haben wunderbare 6 Stunden auf der Stätte verbracht und waren die meiste Zeit ganz alleine da. Die Aussichten über die Schluchten und Berge, die Choquequirao umgeben, die Kondore und Adler, die sie umkreisen haben uns wirklich bezaubert. Den Muskelkater haben wir weggewandert und komplett vergessen.
Der Heimweg führte auf dem gleichen Pfad wie der Hinweg. Aber Langeweile kam nicht auf, denn nun sah man die Natur aus einer anderen Perspektive als auf dem Hinweg und zum anderen verfielen wir beim Wandern aufgrund der Erschöpfung in eine Art Meditation, nur auf den nächsten Schritt konzentriert, nur auf den nächsten Atemzug.
Endlich in Cachora angekommen waren wir froh unseren Dicken wieder zu sehen, denn wir hatten ihn sehr vermisst. Die Frau, bei der wir den Dicken untergestellt hatten, bewirtete uns noch ganz nett mit leckerem, knusprigem Schweinefleisch mit Kartoffeln und dazu gab es das etwas gewöhnungsbedürftige, aber sehr passende Chicha, ein Bier-ähnliches, aus vergorenem Mais gewonnenes Getränk, das schon die guten Inka tranken. Übermüdet aber satt und glücklich machten wir uns auf den Weg nach Cusco.