Dienstag, 12. Juli 2011

Ein Monat in 4 Episoden

Episode 1: National Park Calilegua
Nach unserer dreitägigen Fahrt von Iguazu nach Salta machten wir erst einmal in der Stadt Halt und trafen Cynthia, Mattes und Andi von campingbus records auf dem Campingplatz. Diese drei Musikverrückten touren durch Südamerika und nehmen mit dem Equipment in ihrem Bus lokale Folkloremusiker an unterschiedlichen Orten auf. Sie Digitalisieren ihre Aufnahmen und stellen sie ins Netz, damit andere Musiker sie runterladen können und die Musik um eigene Spuren erweitern können um sie dann wieder hochzuladen. Schaut einfach mal rein. Die Seite ist mit sehr viel liebe gemacht und die Idee ist toll.

Der Nationalpark erwies sich leider als nicht so wanderfreudig wie wir dachten aber wir genossen die 6 Tage im Grünen, umringt von vielen Vögeln und kleinen Säugetieren. Die ein oder andere Wandertour fiel aber auch dennoch ab und Abenteuer hatten wir auch genug, als wir uns entlang eines Flusses, mal mit nackten Füssen im Schlamm und waghalsigen Sprüngen übers Wasser, unseren Weg suchten. Durch die Idee von Mattes angesteckt, Kartoffelsalat mit selbstgebackenen Tortillas zu machen, hatten wir Spaß am Backen über einem Glutofen und am Teig machen. Wir hatten mal wieder Zeit ausgiebig zu Lesen und schlossen die Woche im Nationalpark mit einem Besuch westlich von Juyuy in den Thermas de Reyes ab, bevor wir uns in die Quebrada de Humahuaca aufmachten.

Episode 2: Quebrada de Humhuaca
Bevor wir Argentinien zum letzten Mal verlassen sollten, wollten wir uns noch auf dem Weg zur bolivasnischnen Grenze die Quebrada de Humhuaca anschauen. Dies ist ein etwa 60km langes Tal, das durch verschiedene Mineralien bunt gefärbt ist. Früher war dieses Tal schon eine wichtige Handelsroute der indigenen Bevölkerung Südamerikas und wurde auch von den Spaniern in Form von Poststationen und einer späteren Eisenbahnlinie bis Potosi übernommen. Heute schlängelt sich eine geteerte Straße entlang der ehemaligen Schienen hinauf zu einer Ebene auf 3500m Höhe und streift dabei kleine Lehmziegel-Dörfer, restaurierte Poststationen und indigene Ruinen. Die noch dort lebende indigene Bevölkerung lebt vom Ackerbau in den Flusstälern; die größeren Ortschaften werden von Unmengen von Touristen überschwemmt.
Da unser Dicker sich sehr langweilte auf der geteerten Straße, veranlasste er uns immer wieder nach rechts oder links auf Stichstraßen auszubrechen. Bei einem dieser Abstecher entdeckten wir bizarre Felsformationen, die wir beschlossen am nächsten Tag zu erobern. Hier machten wir zum ersten Mal Bekanntschaft mit der Nachtkälte auf über 3500m Höhe. Am nächsten Morgen waren sämtliche Scheiben und unser Trinkwasser mit einer Eisschicht bedeckt. Sobald die Sonne am klaren Himmel aufging, wurden die Temperaturen zu angenehmen 15-20°C. Der Aufstieg auf die Bergkette die eine weite Hochebene begrenzt kostete uns in dieser Höhe die letzten Kräfte. Aber das was wir entdeckten und die Aussichten entschädigten für diese diese Strapazen. Auf einem etwas ausgesetzten Bergrücken entdeckten wir eine Art Beobachtungsposten der aus mind. 10-15 Gebäuden bestand. Einige Mauern der Ruinen waren so kunstvoll und gekonnt ineinander gestapelt, dass sie heute noch sehr deutlich zu erkennen sind. Es muss ein strategisch wichtiger Punkt gewesen sein, denn von dort konnte man die ganze Ebene überblicken. Wir schätzen/hoffen das diese „Festung“ einst von den Inkas angelegt wurde und später von den Argentiniern im Unabhängigkeitskrieg übernommen wurde. Etwas weiter oberhalb fanden wir einen kleinen künstlich angelegten Staudamm, der das Regenwasser in einem steinernen Becken sammelte und so konnte dieWasserversorgung auf knapp 3800m sichergestellt werden. Unterhalb des Bergkamms war die Landschaft von Kakteen und kleinen braunen Bäumen geprägt. Da wir unser Ziel, zwei von der Ebene aus gesehene wunderschöne Felsgebilde, nicht erreichten, beschlossen wir noch einen weiteren Tag in dieser Höhe zu kampieren und die Erkundung am nächsten Tag fortzusetzen. Bei unserem zweiten Ausflug kamen wir bis auf 4200m Höhe und konnten auf die andere Seite der Bergkette die Weite im Norden bestaunen. Dort Oben machten wir auch die erste Bekanntschaft mit dem Anden-Chinchilla, der von uns noch aus großer Entfernung fälschlicherweise als Katze interpretiert wurde.
Der Rückweg ging über Juyuy nach Salta wo wir unserem Dicken etwas Pflege widmeten und für unseren Kletterausflug auf die chilenische Seite einkaufen wollten. Aber es kam mal wieder etwas anders als gedacht... 

Episode 3: Die Überquerung der Anden
Zurück in Salta bauten wir die Ersatzteile in die hintere Beifahrertür ein, die wir in Mendoza von Carlos und Mary geschenkt bekommen haben. Außerdem bekam der Dicke nen leckeren Ölwechsel, mal wieder in einer kleinen Hinterhofwerkstatt...Erinnerungen an Coyhaique wurden wach.
Am Samstag, den 18.06 fuhren wir los, in Richtung Paso Sico. Den Weg über die Ruta 52 haben wir ausgesucht, weil er nicht geteert war und wir uns auf die Wege abseits des normalen Verkehrs freuten. Der Weg war wirklich schön, der Pass schlängelte sich bis auf die Höhe von etwa 4500m. Wir fuhren zwei Tage lang eigentlich auch komplett im strahlendsten Sonnenschein...nur kurz vor der Grenze fing es an ein bisschen zu schneien. Und als wir in das Grenzgebäude eintraten, empfingen uns verdutzte Grenzbeamte: Der Pass war bereits seit drei Tagen geschlossen und würde es voraussichtlich noch drei Tage bleiben, da die chilenische Seite total zu geschneit sei. Da es schon 17 Uhr durch war, übernachteten wir an der Grenze, die Grenzbeamten zeigten uns dafür einen Raum, der mit einer Küche und mit Bad ausgestattet war.
Am nächsten Morgen: Strahlender Sonnenschein, keine Wolke am Himmel. Der Grenzbeamte (der arme Mann sah tierisch verkatert aus) meinte, die Grenze sei immer noch geschlossen. Wir witzelten schon, dass die Jungs und Mädels einfach keine Lust hätten zu arbeiten, schließlich war der Montag ein Feiertag;). Jedenfalls beschlossen wir wieder zurück zu fahren und den Pass Jama zu nehmen, der geteert war, da der Beamte meinte, dieser würde voraussichtlich früher frei sein, dort gäbe es auch Räumfahrzeuge.
Schon als wir auf der Straße unterwegs waren, kam es uns spanisch vor, dass uns kein Auto von der Grenze entgegen kam. Das einzige Auto das kam hielten wir an und erfuhren, dass der Pass auch hier geschlossen sei, voraussichtlich noch 2,5 Tage... Wir verbrachten also die folgenden zwei Tage an einem Salzsee ganz in der Nähe, mit den Hörspielen, die wir vor der Reise von Ines bekommen haben, Essen, Essen, Essen und Hörspielen. Ach ja, und natürlich Scrabble.
Am dritten Tag versuchten wir es also nochmal. Wir fuhren also die verbleibenden 60km bis zu der Grenze. Zwar kamen uns immer noch keine Fahrzeuge entgegen, aber immerhin fuhren ein paar LKWs mit uns in Richtung der Grenze. Dort erfuhren wir was wir uns eigentlich schon gedacht haben: Die Grenze ist immer noch zu. Was eigentlich unvorstellbar war, weil auf argentinischer Seite die ganzen letzten Tage schönster Sonnenschein war, mit ein paar vereinzelten Wolken. Aber nicht mal mit gutem Willen konnte man sich vorstellen wo denn da so viel Schnee liegen sollte. Jedenfalls verbrachten wir diese Nacht mit den Brummis an der Tankstelle.
Am nächsten Mittag (inzwischen Freitag, der 24ste) empfingen uns zwei Beamte an der Grenze, die uns einen Zettel mit der Nummer 20 an der Grenze und erklärten uns, dass um 13 Uhr die Grenze geöffnet würde und wir in Kolonne über den Pass gebracht werden würden. Für Argentinien war das außergewöhnlich gut organisiert! Wir fuhren auch nur mit 45Min. Verspätung los. Und immer noch keine Anzeichen dafür warum dieser Pass nun so lange geschlossen war. Bis auf ein paar vereiste Stellen auf dem Asphalt und ein paar Schneeverwehungen war nichts zu sehen.
Dann aber kamen wir auf die chilenische Seite und es wurde langsam klar, was hier die letzten Tage los gewesen sein muss. Alles war voller Schnee, teilweise fuhren wir an Schneemauern vorbei, die mannshoch waren. Ganze Kurven waren vereist, teilweise fuhren wir mehrere hundert Meter weit über Eis. Witziger weise fuhren in unserer Kolonne zwei Daimler mit, zwei C-Klassen, von denen wir einen Abschleppen mussten,weil er auf der vereisten Strasse mit seinem Heckantrieb nicht von der Stelle kam (an dieser Stelle schönen Gruß an Dich Paps). Die Jungs bedankten sich auch in gebrochenem Deutsch :). Auf der entgegengesetzten Seite reihten sich unzählige LKWs aneinander, die gegen Abend auch nicht mehr weiterfuhren und dort, auf 4700m die Nacht verbringen mussten. Immer wieder sahen wir an den vereisten Kurven in die Gesichter der LKW-Fahrer auf denen nur Angst geschrieben stand. Die Jungs haben dort echt nen richtig harten, lebensgefährlichen Job.
Die Ganze Überfahrt war 160km lang, wir fuhren um kurz vor 14Uhr los und kamen erst gegen 21Uhr in San Pedro de Atacama an. Chilenische Beamte begleiteten uns auf der kompletten Überfahrt und informierten uns immer wieder über die nächsten Gefahren und Schwierigkeiten. Für uns war es also eigentlich ein schönes Abenteuer, wir sahen wunderschöne Naturschauspiele, unser Dicker durfte die dünne Luft auf 4900Metern schnuppern. Es hat sich quasi gelohnt so lange zu warten

Episode 4: Klettern in der Wüste
Okay, so wirklich in der Wüste war es nicht, sondern in den die Wüste umgebenden Bergen, auf 3600Metern Höhe. Und was soll ich sagen: es war Hammer! Am Anfang fühlt man sich zwar als hätte man 50kg zu viel auf den Rippen und keucht nach jedem Meter wie eine Dampflok, aber nach ein paar Tagen gewöhnt man sich dran und es klappt immer besser mit dem Atmen.
Der Fels war wirklich klasse und abwechslungsreich, mit winzig kleinen Löchern, die einem zeigten wie wenig man braucht um sich festzuhalten, aber auch tollen Rissen und bequemen, großen Griffen. Leider reichte unser Können bei weitem nicht dafür aus die vielen Routen zu klettern, aber die wenigen die wir schafften, hatten es in sich und machten uns ein gutes Gefühl.
Was das Klettern noch verschönerte war, dass wir in einer Schlucht kletterten, einem tiefen, trockenen Flusstal. Dort unten war es warm, windstill und voller Murmelmänner (Anden-Chinchillas), die uns verwundert zuschauten, Unmengen von Vögeln, kleinen Echsen und den verrücktesten Felsformen, die man sich so vorstellen kann. Das war echt toll.
Was nicht so toll war, waren die Temperaturen: Sobald die Sonne unterging, fielen sie schlagartig deutlich unter Null, dabei blies ein recht frischer Wind. Es war nicht einmal daran zu denken nach Sonnenuntergang draußen zu sein, was echt wehtat, denn der Sternenhimmel da oben ist der Wahnsinn! Zum Glück hat unser Dicker große, wenn auch nicht immer saubere Fenster, so dass wir wenigsten ein wenig auf die Sterne schielen konnten.
An einem frühen Abend (wir haben uns gerade mit ner leckeren Portion Nudeln mit Gemüse im Landy verkrochen), kam ein Pick-up mit Straßenarbeitern auf unseren Parkplatz. Soweit nichts verwunderliches. Wir kamen recht bald ins Gespräch und die Jungs waren echt nett und witzig. Irgendwann fragte uns einer ob wir Diesel kaufen wollten. Für die Hälfte des Preises, den man sonst in Chile zahlt. Klar wollten wir. Da wir unser Auto aber schon umgebaut hatten, konnten wir nicht zu ihm vorfahren, also kam er mit seinem Pick-up zu uns rüber, auf dem er einen Benzintank hatte MIT TANKANZEIGE!!!! Wir tankten 55Liter, die Jungs freuten sich über das Geld und wir über den guten Preis. Wir machten jede Menge Fotos, denn die fanden uns, die da seit Tagen in der Kälte da oben ausharrten genauso witzig, wie wir sie, die uns da am Ende der Welt unser Auto volltanken:)
Leider verscheuchte uns nach fast einer Woche eine Gruppe von 50(!!!) Leuten, die sich in unsere Schlucht ergoß...50 Leute, verteilt auf 54 Routen, von denen höchstens ein viertel von Normalsterblichen beklettert werden konnte...Wir beschlossen unsere Stellung aufzugeben und mal zu schauen was San Pedro sonst noch so zu bieten hat. Und so trafen wir Eugen, Elli, Lutz und Chloe und die ALMA ;)